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Premiere: 17. Januar 2018
Fotos und Video: Anne Barth
Technik: Felix Obieray
Es spielen: Mona Mucke
Anne Müller
Als besonders reizvoll empfinden wir hier die Idee, die analoge Welt des Theaters
als Medium zu nutzen, um die unfassbare virtuelle Welt des Internets erlebbar zu
machen. Der Regisseur Philipp Sebastian hat [...] begonnen, das Prinzip technische
Darstellung versus analoges Theaterspiel als Mittel einzusetzen. Bei "Locked" nahm
es seinen Anfang mit Videoprojektionen von Naturdarstellungen, die die
Protagonistinnen, deren Ideologien sich rühmen, der Natur zu folgen, überlagern,
ja zu überwuchern scheinen. Am Ende werden die Projektionen in einen klaren
vorgegebenen Rahmen zurückverwiesen, während auf der Bühne eine natürliche
Entwicklung außer Kontrolle gerät und tödlich ausgeht, was sich für Zuschauer
und Protagonistin aber nicht identisch darstellt. (Marina Barth)
Pressestimme:
An der Sturheit gescheitert
„Locked“ im Klüngelpütz (Kölnische Rundschau 26. Mai 2018)
Wenn man zwei Giftspritzen in eine Kiste sperrt, kommt dann etwas Gutes dabei
heraus? Das ist die Frage in „Locked“, einem Jugendstück, das uns mit Helena (Anne
Müller) und Elin (Mona Mucke) zwei junge Frauen zeigt, die während einer
Demonstration Unterschlupf in einem Keller finden. Draußen sucht die Polizei nach
ihnen. Die eine posaunt rechtsradikale Parolen wie „Deutschland gehört den
Deutschen“ in die Welt hinaus, während die andere Allah zum einzigen Gott erklärt.
Jede knallt der anderen ihr Paket gesammelter Vorurteile an den Kopf.
Es wird viel geschimpft und gezetert in dem galligen Dialog, den Philipp Sebastian
nach dem Text von Marina Barth auf der Bühne des Kabarett-Theaters Klüngelpütz
präsentiert. Einigkeit herrscht zwischen Rechten und Islamisten alleine in ihren
verschrobenen antisemitischen Verschwörungstheorien. Ansonsten gilt: Wo zwei
stur sind, da bewegt sich nichts.
Die alte Regel wird hier zu einem dramaturgischen Problem, wenn die
Schimpfkanonaden rechts und links an der Kontrahentin vorbeirauschen. Deutlich
wird in dieser Inszenierung, dass die Überzeugungen der radikalen Gruppierungen
jeder Zukunftsperspektive entbehren. Ein wichtiger Aspekt in der Gemengelage
eines Stoffs, der weitgehend Bekanntes ausbreitet.
Gesprochen wird ins Publikum. Hier steht eher das Kabarett als die Welt des
Theaters Pate, in der die Figuren psychologisch prägnanter ausgestaltet wären.
Gleichwohl gelingen vor allem Mona Mucke überzeugende Momente, in denen sich
die Verhärtung der Islamistin mit den auf der Straße erlittenen Diskriminierungen gut
nachvollziehen lassen. Antworten auf beliebte Vorurteile gegenüber dem Tragen des
Kopftuchs und der männlichen Beschneidung gibt es durchaus. Nicht die Frauen
liefern sie allerdings, sondern das Publikum wird eingeschaltet, um sie zu verlesen.
Ein Schachzug, der Spannung schafft, aber die Besucher als Statisten benutzt.
Wenn die Story gen Ende ein ethisches Dilemma aufwirft, indem die eine
entscheiden muss, ob sie der anderen das Leben rettet, dreht die Regie voreilig ins
Finale ab. Zur wirklichen Originalität fehlt dieser engagierten Produktion ein letzter
Schliff, obwohl sie gute Ideen enthält. (TL)